20.10.2022

Bessere Luftqualität

Die UVC-Technologie bleibt im Festzelt unauffällig: An der Säule hinter dem Schild wurde eines der UVC-Geräte angebracht. Foto: Festhalle Schottenhamel/K. Jungblut

Inwieweit kann UVC-Licht helfen, Mikroorganismen in der Luft zu inaktivieren und damit für reine Luft bei Großveranstaltungen zu sorgen? Dieser Frage gingen Forschende des Leistungszentrums Sichere Intelligente Systeme (LZSiS) auf dem Oktoberfest 2022 in der Festhalle Schottenhamel nach. Der Praxistest zeigt: Durch die UVC-Technologie wird die Anzahl der vermehrungsfähigen Luftkeime gesenkt! Zu diesen Keimen zählt auch das Coronavirus.

Prof. Gunnar Grün, Projektinitiator und stellvertretender Leiter des Fraunhofer-Instituts für Bauphysik IBP, ist überzeugt: "Technologische Lösungen können einen maßgeblichen Beitrag dazu leisten, das Wohlbefinden und die Sicherheit bei einer Großveranstaltung zu steigern. Wenn die Luft hygienisiert werden kann, hat das neben der konkreten Verringerung der potenziellen Keimbelastung auch positive Effekte auf eine sorgenfreie Atmosphäre".

Mitarbeiter des Fraunhofer-Instituts für Bauphysik IBP – eines von sechs am Leistungszentrum "Sichere intelligente Systeme" (LZSiS) beteiligten Fraunhofer-Instituten – haben an vier Tagen in einem Festzelt des Münchner Oktoberfests orientierende Messungen vorgenommen, um herauszufinden, wie sich die Mikroorganismen in der Luft verändern, wenn UVC-Technologie eingesetzt wird. Der Ort der Messung: Die Festhalle Schottenhamel. „Wir konnten die Familie Schottenhamel für unseren Innovationsansatz gewinnen und so weiter Erfahrungen sammeln, welche konkreten Ergebnisse der Einsatz von UVC-Technik in der Praxis bringt", so Gunnar Grün. Als Technologie-Partner kam die Signify GmbH mit ihren Philips UVC-Geräten mit ins Oktoberfest-Projekt.

Das gemeinsame Ziel: Die Möglichkeit der Ansteckung durch Luftkeime beim Besuch eines Festzeltes zu reduzieren und dabei die Aufenthaltsqualität zu steigern – ohne dass die Besucher von der verwendeten Technik Notiz nehmen.

Das Forschungsvorhaben

Im oberen Bereich des Festzeltes wurden zu diesem Zweck 14 UVC-Geräte in der Größe von Videoprojektoren installiert. An zwei Tagen wurde mit eingeschalteten Geräten gemessen, an zwei weiteren ohne die Geräte. Für die Messung wurden Luftproben gesammelt und die darin enthaltenden Luftkeime anschließend im mikrobiologischen Labor des Fraunhofer IBP aufbereitet. Es zeigte sich, dass an Tagen mit Betrieb der Geräte die Wiederfindung vermehrungsfähiger Mikroorganismen in den Luftproben reduziert ist. Die Anzahl der sogenannten "koloniebildenden Einheiten" war bei den Beprobungen unter Einsatz der UVC-Geräte geringer als an den Referenztagen, so dass im Vergleich eine kleinere Hintergrundbelastung an Luftkeimen vorlag.

Mikroorganismen werden durch UVC-Technologie inaktiviert

Atemluft ist wärmer als die Umgebungsluft und steigt daher, zusätzlich angetrieben durch die Körperwärme der Gäste, in den Deckenbereich des Festzeltes auf – dorthin, wo auch die UVC-Geräte verbaut wurden.

In der Luft enthalten sind Mikroorganismen aller Art – darunter die viel diskutierten Corona-Viren, aber auch Luftkeime, die für verschiedene andere Infektionen verantwortlich sind und schon seit jeher nach dem Besuch großer Veranstaltungen zu Grippe oder Erkältungskrankheiten führen können.

Wenn nun die Mikroorganismen in den Bereich der UVC-Geräte kommen, nimmt das unsichtbare UVC-Licht diesen die Vermehrungsfähigkeit. Kühlt die Luft sodann ab, sinkt sie wieder Richtung Boden und wird von Gästen oder Mitarbeitern eingeatmet. Die vermehrungsfähigen Luftkeime sind nun aber nur noch reduziert vorhanden. Der direkte Infektionspfad von Person zu Person bleibt bestehen, doch die Hintergrundbelastung wird geringer.

Der Einsatz von UVC-Licht ist eine gängige Methode der Desinfektion, u. a. in der Lebensmittelproduktion, in der Wasserentkeimung oder im Medizinbereich. Für den Einsatz sind jedoch Sicherheitsvorkehrungen zu treffen, die auch für das Forschungsprojekt auf dem Oktoberfest angewendet und zudem für den Arbeits- und Gesundheitsschutz durch Experten abgenommen wurden.

Erfolgreiche Anwendung im Festzelt mit über 6.000 Sitzplätzen

"Das Phänomen, dass in größeren Personengruppen die Anzahl der Luftkeime höher ist, ist nichts Neues. Früher haben wir das recht selbstverständlich hingenommen. Seit Corona hat sich die Sensibilität diesbezüglich stark erhöht", meint Gunnar Grün. Bisher habe man die gute Wirksamkeit des Reinigungsprinzips mittels UVC vor allem in kleineren Foren nachgewiesen. So zum Beispiel – im von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) geförderten Projekt "CineCov" – in einem Kinosaal mit 55 Sitzplätzen. Durch die Zusammenarbeit mit der Familie Schottenhamel konnte die Methode nun auch in einem Großbetrieb mit über 6.000 Sitzplätzen auf einer Fläche von 4.800 qm angewendet werden.

Festwirt Christian Schottenhamel, gleichzeitig stellvertretender Sprecher der Wiesnwirte und Vorsitzender des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbandes DEHOGA in München, freut sich über die Ergebnisse, die aus seiner Sicht einen wichtigen Impuls für die gesamte Branche geben können: "Saubere und keimfreiere Luft hat für Gäste und unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eine immer größere Bedeutung. Wir schaffen deshalb gerne die Möglichkeit, dass neue Lösungen konkret zum Einsatz kommen, sich im praktischen Alltag bewähren und zur Innovation in der Branche beitragen."

Hintergrundinformation zum Leistungszentrum „Sichere intelligente Systeme (LZSiS)"

Das Leistungszentrum ist ein Zusammenschluss der Fraunhofer-Institute für Angewandte und Integrierte Sicherheit AISEC, für Mikrosysteme und Festkörper-Technologien EMFT, für Bauphysik IBP, für Gießerei-, Composite- und Verarbeitungstechnik IGCV, für Kognitive Systeme IKS und für Verfahrenstechnik u. Verpackung IVV aus dem Großraum München mit der Technischen Universität München, der Universität der Bundeswehr München sowie der Hochschule München. Das Angebot reicht von innovativen, intelligenten Sensorsystemen bis hin zum unternehmensweiten Cybersecurity-Konzept, kundenspezifischen Workshops oder Weiterbildungen. Für Projektpartner steht eine einzigartige Forschungsinfrastruktur (z. B. Cybersecurity-Labor, Reinraumumgebung) zur Verfügung. In Verbindung mit exzellentem Branchenwissen in den Anwendungsfeldern Lebensmittel und Verpackung, Gießereiwesen sowie Baugewerbe ist das LZSiS ein umsetzungsstarker Partner für die digitale Transformation.

Weitere Informationen finden Sie hier.

www.ibp.fraunhofer.de | www.schottenhamel.de