13.11.2024
Mit diesem Anspruch führte Prof. Dr. Volker Busch die bayerischen Gastro-Unternehmer in die Welt der Neurowissenschaft. Das Problem dabei: Die Welt ist im Wandel, aber Menschen mögen keine Veränderungen. Oder anders gesagt: Jeder liebt den Fortschritt, kaum einer den Wandel.
Warum das so ist, erklärte der gefragte Buchautor, Referent und Facharzt für Neurologie am Uniklinikum Regensburg mit der Funktionsweise des menschlichen Gehirns. Bei Gewohnheiten, etwa Autofahren oder Schnürsenkel binden, spart das Gehirn Energie. Rund 70% der Dinge, die Menschen täglich tun, sind Gewohnheiten. Das Gehirn unterstützt den Menschen dabei, sozusagen per Autopilot zu leben.
"Dabei sind Veränderungen das schönste Geschenk, das wir unserem Gehirn machen können", so ein Kernsatz von Dr. Volker Busch bei seinem Vortrag auf dem Bayerischen Gastgebertag. "Ja, Veränderungen machen dem Gehirn Stress, aber dabei werden neue Gehirnzellen gebildet und das Hirnwachstum gefördert." Und das klappt übrigens nicht nur bei jungen Menschen, wie die Wissenschaft lange postuliert hat, sondern bei Menschen in allen Altersschichten. Kurz gesagt: Wer sich verändert, wer sich z. B. weiterbildet, der bleibt geistig jung. Anstrengungen und Veränderung sind nach den Worten von Dr. Busch das beste Hirndoping.
Seinen Zuhörern in Amberg gab er folgende Hausaufgabe mit auf den Heimweg: "Machen Sie in nächster Zeit einen Revolutionstag! Machen Sie an diesem Tag mal alles anders als sie es sonst tun."
Dass die Gastro-Welt vor gewaltigen Veränderungen steht, machte der Publizist, Netzwerker und Berater Hendrik Haase deutlich bei seinem Vortrag: "Künstliche kulinarische Intelligenz: Wie Big Data und KI die Küche erobern und Esskultur revolutionieren."
Allein die Zahlen lassen einen schwindlig werden: Zum Thema Food geistern eine halbe Milliarde Posts durch die Sozialen Medien. Bei Tiktok kommen nach Angaben von Haase die 10 wichtigsten Food-Hashtags auf 1,4 Billionen (das ist eine Zahl mit 11 Nullen) Views. Junge Bundesbürger begegnen ernährungsbezogenen Inhalten zu 91% auf Tiktok. Dort wird die Frage verhandelt: In welches Lokal gehen wir heute?
"Dank der Algorithmen erkennen und unterstützen die Portale und Apps die Neigungen der Nutzer", so Hendrik Haase. Wer beispielsweise vegane Inhalte schnell wegschiebt, wird mit solchen Inhalten nicht mehr behelligt. Und dazu kommt das rasante Tempo. Trend-Reports werden über die branchenüblichen Kanäle 1-2 mal im Jahr veröffentlicht. Auf Tiktok werden täglich Trends gemacht.
Was heißt das für Wirtinnen und Wirte? "Wenn Genuss neu definiert wird, müssen Gastronomen und Hoteliers sich Gehör verschaffen und eigene Werte einbringen", so der Rat von Hendrik Haase, der auch davor warnt, KI mit Küchen-Robotern gleichzusetzen. O-Ton Haase: "Wichtig ist, dass Gastronomen ein Gefühl dafür bekommen, dass mit KI und ChatGPT alles möglich wird." Er empfiehlt etwa, ChatGPT zu mieten (ca. 20 Euro pro Monat) und das Programm mit Fragen zu löchern: "Ich habe ein Wirtshaus. Welche Apps empfiehlst Du mir?" – "Welche Gerichte auf der Speisekarte wünschen sich junge Gäste?" – "Wie erreiche ich neue Zielgruppen?"
Die Antworten, die nach wenigen Sekunden und unvorstellbaren Rechenleistungen angeboten werden, sollten Gastro-Profis nach Ansicht von Haase mit Vorsicht genießen, aber als Inspiration schätzen lernen.
Bei weiteren Vorträgen auf dem Bayerischen Gastgebertag, der vom BHG DEHOGA Bayern ausgerichtet wird, ging es um die Generation Z (Referentin: Prof. Dr. Antje-Britta Mörstedt) und den Hotel Digital Score Branchen-Report (Referentin: Carolin Schuhmann). Eine Fachausstellung, bei der sich Branchenpartner des Verbandes präsentierten, rundete das Angebot ab. – Einen ausführlichen Rückblick gibt es in der kommenden Printausgabe des Gastronomie-Report.
Eine Hauptrolle auf dem Bayerischen Gastgebertag spielte die Politik. Die Besucher konnten dem digitalen Grußwort des bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder und vor Ort der Rede der bayerischen Landwirtschafts- und Tourismusministerin Michaela Kaniber lauschen.
DEHOGA Bayern-Präsidentin Angela Inselkammer warnte in ihrer Ansprache vor dem "stillen Wirtshaussterben", das letztlich dazu führen würde, dass Bayern amerikanische Verhältnisse drohen – mit wenigen hochpreisigen Sternerestaurants in Ballungszentren und viel Systemgastronomie im Umland.
Um solch ein Szenario zu verhindern und der Branche endlich wieder vernünftige Rahmenbedingungen zu sichern, wurde auf dem Gastgebertag eine "Gastro-Agenda" für Sofortmaßnahmen auf Bundesebene verabschiedet. Sie bündelt Kernforderungen der Branche für die bevorstehenden Neuwahlen. Siehe dazu die Meldung "Dramatik pur" auf dieser Website.
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