16.09.2024

Für eine unabhängige Braukultur

Foto: Ingo Pertamer / Independent Brewers of Europe

Es könnte der Anfang einer neuen Ära der Bierkultur sein: Europas unabhängige Brauereien stehen auf gegen die Marktmacht der globalen Bierindustrie.

Dem Trend zum internationalen Einheitsgeschmack setzen die "Independent Brewers of Europe" (IBE) ein bewusstes Bekenntnis zur Vielfalt und zur regionalen Braukultur entgegen. Die neu gegründete Gruppe versteht sich als europaweite Interessengemeinschaft der unabhängigen Brauereien und tritt gegen Missstände auf dem Biermarkt an. Es geht darum, die Vielfalt der handwerklich gebrauten Bierspezialitäten zu verteidigen und ihnen eine ausreichende Marktpräsenz zu sichern.


Die Initiative ging von den "Unabhängigen Privatbrauereien Österreichs" aus, die sich ihrerseits vor knapp drei Jahren zusammengeschlossen haben und sich seither vehement und entschlossen für den Erhalt der spezifisch österreichischen Braukultur einsetzen. Das ist dringend notwendig, denn auch in Österreich hat ein einziger Braukonzern eine beachtliche Macht von rund 2/3 an Marktanteilen aufgebaut.

Herausforderungen

So unterschiedlich die nationalen Märkte auch sind – überall sind die "Unabhängigen" mit ähnlichen Herausforderungen konfrontiert:

  • Unfaire Marktpraktiken: Internationale Bier-Konzerne beliefern in Frankreich die Gastronomie mit speziellen Gebinden, die mit den Fässern der Privatbrauereien nicht kompatibel sind. Gastronomiebetriebe, die eine der großen Biermarken führen, können damit von Privatbrauereien nicht mehr beliefert werden. Somit wird ihnen der Zugang zum Markt unmöglich gemacht.
  • Vortäuschung von Regionalität: In Österreich bietet ein internationaler Konzern scheinbar regionale Marken an. Die Auftritte dieser Marken suggerieren österreichische Produkte, die aus unterschiedlichen Regionen stammen. In Wahrheit steht einer der weltgrößten Biermultis dahinter.
  • Gezielte Marktkonzentration: Internationale Braukonzerne kaufen regionale Brauereien auf und gliedern sie in ihre Konzernstruktur ein. Vom ursprünglich eigenständigen Bier bleibt dann bestenfalls eine Marke. Am Beispiel Deutschland: Wer kennt nicht Beck's aus Bremen, Spaten, Löwenbräu oder Franziskaner? All diese Marken gehören seit 2008 allesamt dem größten Bierkonzern der Welt.
  • Dominantes Marketing: Bierwerbung ist ein Milliarden-Business. Jedes Jahr werden Unsummen in Kommunikation und Marketing gepumpt. Regionale Familienbrauereien können da nicht mithalten. So verlieren sie immer mehr an Sichtbarkeit, ihr Bekanntheitsgrad wird von den intensiven Marketingmaßnahmen der Bier-Multis überdeckt.
  • Preiskampf: Die Kostenvorteile der Konzerne durch Massenproduktion werden für einen harten Preiskampf genutzt, der vom Handel zumeist unterstützt wird. Private Brauereien verlieren kostbaren Regalmeter in den Supermärkten. In der ohnehin aktuell schwer gebeutelten Gastronomie erhält oftmals jene Biermarke den Zuschlag, die den besten Einkaufspreis bieten kann.

Nationale Verbände aus zehn Ländern

Zum Start machen bei den "Independent Brewers of Europe" nationale Verbände aus zehn Ländern mit. Gemeinsam wollen sie ihre Kräfte bündeln und ein Gegengewicht gegen das immer weitere Vordringen der Bier-Multis in Europa bilden:

  • Deutschland: der Verband Private Brauereien
  • Finnland: Pienpanimoliitto
  • Frankreich: Syndicat National des Brasseries Indépendantes (SNBi)
  • United Kingdom: Society of Independent Brewers and Associates (SIBA)
  • Italien: Unionbirrai
  • Niederlande: craftbrouwers.nl
  • Österreich: Unabhängige Privatbrauereien Österreichs
  • Polen: Polish Craft Brewers Association (PSBR)
  • Schweiz: Die freien Schweizer Brauereien
  • Tschechien: Czech and Moravian Microbreweries Association

Stimmen von Gründungsmitgliedern

Mike Benner, Geschäftsführer der SIBA in Großbritannien, sagt: "Die Übermacht der Konzernbiere ist in allen Ländern spürbar. Wir werden für tausende Brauereien eine Stimme sein, von den einzelnen Ländern bis nach Brüssel, wo wir bislang viel zu wenig Gehör finden." 

Stefan Stang vom deutschen Verband Private Brauereien, fügt hinzu: "Der Wert regionaler Brauereien bemisst sich nicht an der Zahl der produzierten Hektoliter, sondern an ihrem Engagement in Gemeinden, Vereinen und ehrenamtlichen Tätigkeiten. Dieses Engagement kennt keine Grenzen, deshalb freuen wir uns auf die Zusammenarbeit mit gleichgesinnten, unabhängigen Brauereien in Europa!"

Save the date

Eine Gelegenheit, sich mit den Gründungsmitgliedern der "Independent Brewers of Europe" persönlich auszutauschen, bietet sich am Mittwoch, den 27. November, im Rahmen der BrauBeviale in Nürnberg.

Weitere Informationen unter

www.independent-brewers.com