31.05.2021
Früher wurde Kurt Resch (56), der als gelernter Koch gemeinsam mit seiner Frau Sonja im kleinen Eggentaler Bergdorf Steinegg das Bike- und Biohotel Steineggerhof betreibt, als Spinner belächelt. Schon 1995 installierte er die erste Solaranlage auf dem Dach des Familienbetriebs, führte 2018 einen „Veggie-Day" ein (der anfangs nicht bei allen Gästen gut ankam) und stellte den gesamten Wareneinkauf auf Bio um.
Jetzt werden vermutlich einige Kollegen sein veganes Kochbuch erwerben. Denn fleischlose oder vegane Ernährung rückt immer mehr in den Fokus – sei es zugunsten des Tierwohls oder aus Umweltschutzgründen. Dabei rennt Kurt Resch keinem Trend nach, sondern möchte mit den natürlichen Ressourcen verantwortungsbewusst umgehen. Seit 2019 ist der Steineggerhof eines von rund zwei Handvoll Biohotels in Südtirol. Sein Umdenken begann übrigens im Urlaub.
Kurt Resch im Interview
Herr Resch, warum haben Sie ein veganes Kochbuch herausgebracht?
Von vegetarisch zu vegan – das war eine Entwicklung bedingt durch unsere Gäste. Seitdem wir ein Biohotel sind, haben wir natürlich auch ein anderes Publikum bekommen. Vegetarisch gekocht haben wir schon länger, aber das vegane Kochen war anfangs schon eine Herausforderung. Ende des vergangenen Jahres ist uns in der Familie dann aufgefallen, dass wir inzwischen fast 70% unserer Gerichte vegan kochen. Und nachdem die Gäste sowieso immer nach den Rezepten fragen, haben meine Tochter Lisa und ich die besten gesammelt und herausgebracht. 130 Rezepte sind es geworden, davon 115 soja- und 87 glutenfrei. Das Buch ist aber nicht nur als Inspirationsquelle für Hausfrauen und Hobbyköche gedacht, sondern auch für andere Kochprofis.
Vom Bike- zum Biohotel, das ist ja eine ganz schöne Verwandlung.
Wir sind immer noch ein Bikehotel – aber seit 2019 ein biozertifiziertes. Das heißt wir müssen strenge Auflagen befolgen. Aber das tun wir gerne und war für unsere Familie einfach eine konsequente Entwicklung. Unser Sohn Thomas verzichtet schon seit fünf Jahren auf Fleisch, unsere Tochter Lisa auf sämtliche tierische Produkte. Sie stellt zusammen mit meiner Frau sogar Seife und Zahnpasta ohne Plastikverpackung und Mikroplastik selbst her. Unsere ältere Tochter Natalie kocht nicht nur für unsere Gäste, sondern führt mit ihrem Mann einen Biohof, von dem wir einen Großteil unseres Biofleischs beziehen. Ausschlaggebend war aber ein Mexiko-Urlaub 2018.
Statt den Urlaub zu genießen, haben Sie sich Gedanken über die Umwelt gemacht?
Es war der erste Urlaub seit langer Zeit ohne Kinder. Ich war saisonmüde und wollte nur am Strand abschalten. Aber dort lag überall Müll herum, auch im Wasser schwamm Unrat. Meiner Frau und mir hat es nur noch gegraust, wir sind gar nicht mehr ins Meer gegangen. Da hat es bei mir einen Schalter umgelegt – so können wir mit unserer Natur nicht weiter umgehen. Wir müssen etwas tun, sonst haben unsere Enkelkinder später nichts zu lachen.
Wie ging es dann weiter?
Zuhause haben wir in der Familie beraten und zusammen beschlossen: Wir werden ein Biohotel. Das beinhaltet nicht nur den Einkauf von ausschließlich biozertifizierten Produkten, sondern ist auch eine Lebenseinstellung. Statt eines Steingartens haben wir Marillenbäume, Lavendel und andere blühende Sträucher gepflanzt, die jetzt das Hotel umgeben. Ich möchte keine Klimaanlage, stattdessen haben wir gerade eine kleine Greenwall aufgestellt, um eine kühlende Fassadenbegrünung mit Weinreben auszuprobieren. Auch auf den Balkonen stehen bald Sträucher – so tun wir auch etwas für die Bienen. Insgesamt haben wir inzwischen mehr als 1.000 Pflanzen rund ums Hotel gepflanzt – darunter sehr viele Wildkräuter und weitere 40 verschiedene Kräuter, Salate, Tomaten, Gurken und Zucchini für unsere Gerichte.
Sie bauen Ihr Gemüse selbst an?
Nur zum Teil – wir brauchen in unserer Saison von Ostern bis Allerheiligen rund 4,5 Tonnen Gemüse. Da müssen wir natürlich zukaufen. Mehr als die Hälfte kommt aus Südtirol, der Rest in der Regel aus Italien. Manchmal müssen wir eine Ausnahme machen, z. B. bei Linsen oder Roter Bete, die es oft nicht in der Umgebung gibt. Einige Produkte wie Zimt und Vanille verwenden wir gar nicht mehr, weil uns die Lieferwege zu lang sind.
Gibt es bei Ihnen gar keine Fleischgerichte mehr?
Doch, wir bieten nach wie vor Hauptgerichte mit Fleisch an, weil manche unserer Gäste das wünschen. Aber wir verarbeiten die Tiere dann ganzheitlich, also nose to tail. Und viel weniger als früher: Im Speckkeller räuchert wir inzwischen hauptsächlich Gemüse.
Was wünschen Sie sich für die Zukunft?
Dass sich jeder Gedanken darüber macht, wie man etwas ändern kann. Und sich als logische Konsequenz aktiv für Umweltschutz, Mensch- und Tierwohl einsetzt. Jeder Schritt zählt und führt in die ein oder in die andere Richtung. Beim Klimawandel sagen viele, da kann man als Einzelperson nichts machen. Wenn das alle sagen, geht natürlich nichts weiter.
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