Das Führungstrio des Schwarzfischer, Restaurant und Fischerei in Stams in Tirol: Fabio (li.) und Maria Birlmair mit ihrem Fischerei-Experten Töna Janett. Fotos: Maximilian Moschen
Immer mehr Gäste wollen wissen, woher die Zutaten für die Gerichte auf der Speisekarte kommen. Beim Schwarzfischer, Restaurant und Fischerei in Stams in Tirol, sind dazu keine Erklärungen auf der Speisekarte oder von den Bedienungen nötig. Es reicht ein Blick aus dem Fenster oder ein kleiner Spaziergang rund ums Restaurant. Die Hauptattraktion des Lokals, die frischen Fische, kommen direkt von der eigenen Fischerei vor der Haustür.
Eine gute Lage ist die halbe Miete? Der Schwarzfischer liegt am Fuße des barocken Zisterzienserklosters Stift Stams. Von der Terrasse haben die Gäste einen grandiosen Blick auf die Tiroler Berge und auf die Stiftsweiher. Schöner kann naturnahe Gastronomie kaum sein.
Auch Maria Birlmair hat sich auf den ersten Blick in dieses Ensemble verliebt. Die 29-Jährige ist die Enkeltochter von Wirtsleuten und schon als Kind war ihr klar: Die Gastronomie ist nichts für sie. Folglich studierte sie Marketing und arbeitete u. a. für Kosmetikfirmen. Wie viele andere Menschen hat sie sich während der langen Corona-Lockdowns gefragt, ob das, was sie tut, sie wirklich glücklich macht. Eher durch Zufall hörte sie, dass in Stams eine Fischerei zu pachten war. Kurzentschlossen fuhr sie hin und schaute sich um.
"Ich war schlagartig begeistert. Am liebsten hätte ich den Stiftsweiher kurzerhand übernommen", erinnert sich Maria Birlmair. Von ihrer Familie bekam sie die nötige Unterstützung. "Mein Mann Fabio ist ein begnadeter Koch. Sein Schwager Töna Janett kennt sich mit der Fischerei und der Fischzucht aus. Wir haben einfach die Möglichkeiten und Chancen gesehen und zugesagt."
Zur Stamser Fischerei gehörte schon immer ein Restaurant, das allerdings 2017 geschlossen worden war. "Als wir übernahmen, war das Gebäude baufällig, wir hätten unglaublich viel reparieren müssen", so Maria Birlmair. "Deshalb haben wir es komplett abreißen lassen und neu gebaut." Im April 2023 wurde das neue, holzverkleidete Restaurant mit 50 Plätzen plus Terrasse am Stiftsweiher feierlich eingeweiht. Die Restaurantleiterin Maria hatte die Zeit genutzt für eine Weiterbildung zur Diplom-Sommelière und zur Barkeeperin. Ein kleines, feines und engagiertes Team, das im Kern aus sieben Mitarbeitern besteht – von der Wirtin bis zum Chef de Partie – rockt die Gastronomie und Fischerei, verstärkt in den Sommermonaten durch Aushilfen.
Von Weihnachten bis Anfang März sind das Lokal und die Fischerei geschlossen.
In den Stiftsweihern tummeln sich vor allem bunte Regenbogenforellen, Lachsforellen, Bachsaiblinge und Störe.
Zur Philosophie von Maria, Fabio und Töna gehört, ihre Faszination von den kreativen Möglichkeiten, die heimischer Fisch bietet, für die Gäste erlebbar zu machen. "Wir wollen nicht nur Fisch verkaufen", so die Wirtin, "sondern ein altes Handwerk wiederbeleben und ein ausbalanciertes Ökosystem schaffen."
In der Küche von Fabio Birlmair trifft Wasser auf Feuer. Frische Fische aus dem kalten Stamser Gebirgswasser werden in der Schauküche auf glühenden Kohlen zubereitet. Die Gäste dürfen sich u. a. auf "Mediterrane Forelle" (Forelle im Ganzen mit Rosmarin, Grillzitrone, Pinienkernen & Erdäpfel-Püree) für 25 Euro freuen oder auf das "Steckerlfisch-Filet" (mit Linsen, süß-saurem Kürbis, Braune-Butter-Espuma & Haselnüsse) für 29 Euro.
Für die Güte seiner Gerichte ist der Schwarzfischer bereits kurz nach dem Start mit einer ersten Haube von Gault & Millau ausgezeichnet worden.
Der Küchenchef des Schwarzfischer beschreibt seinen nachhaltigen Ansatz mit dem Slogan: Genuss von Kopf bis Flosse. "Wenn wir Filets schneiden, machen wir aus den Resten Suppen und Soßen", erzählt Fabio Birlmair. "Während der Laichzeit produzieren wir Kaviar. Und das Wenige, das im Abfall landet, wird umweltfreundlich in einer Biogasanlage entsorgt."
Auf der Speisekarte dominiert Fisch, aber es gibt u. a. auch Steaks vom Grill sowie vegetarische und vegane Gerichte. "Aber die Fischgerichte machen rund 90% beim Absatz aus", so Maria Birlmair. "Es gehört zu unserem Selbstverständnis, auf Regionalität, Qualität und Saisonalität zu achten." Das Versprechen "hausgemacht" umfasst dabei ebenso das Holzofenbrot nach Oma Martas Rezept, Softeis aus Tiroler Heumilch und handgeschöpfte Pralinen wie Hauswurst nach Art von Opa Herbert, verschiedene Pastasorten und Schlutzkrapfen.
Bei den Zutaten wird auf Regionalität und Nähe geachtet. Auf Produzenten-Seite gehören zu den Partnern des Schwarzfischers u. a.: Sebastian Waldhart, Telfs (Brioche-Brot), Claudia & Klaus Grill, Flaurling (Duroc-Fleisch), Romed Giner, Thaur (Salat und Gemüse), Alexander Gigele, Roppen (Freilandeier), Christian Raich, Silz (Kürbiskernöl), Sandrino Grissemann, Kappl (Edelbrände & Gin) sowie Bruder Franz vom Zisterzienserkloster Stams (Stiftsbrot & Schnaps).
Zentral am Innradweg gelegen, lockt der Schwarzfischer viele Ausflügler zum Verweilen an. Er hat aber auch viele Fans in Deutschland und der Schweiz. Wer keinen Angelschein hat, für den ist der Fischgrund in Stams ein Paradies. "Bei uns darf jeder angeln, ob er einen Angelschein hat oder nicht", erklärt Maria Birlmair. Das wird locker gehandhabt. Wer Angeln will, muss keine Tageskarte kaufen. Der Fang wird ganz unkompliziert nach Gewicht abgerechnet. Zum Schwarzfischer-Service gehört auch, dass die Fangausbeute für jeden küchenfertig (wiegen, ausnehmen, waschen, verpacken) gemacht wird. Dieser Service ist automatisch im Kilopreis inbegriffen. Wer keine Anglerausrüstung hat, kann Angel, Kübel & Kescher für 7,50 Euro ausleihen.
Diese USP garantiert dem Schwarzfischer jede Menge Synergien. Hobbyangler, die eine weite Anreise auf sich nehmen, werden garantiert auch im Restaurant einkehren. Gäste, die wegen des Radweges beim Schwarzfischer einkehren, werden beim nächsten Mal vielleicht zum Angeln kommen. Und alle Gäste, die begeistert sind von den Speisen vom Grill, haben die Option, fangfrische Spezialitäten aus der Fischtheke für zu Hause mitzunehmen. Was allerdings nicht geht: Erst einen dicken Fang machen und sich den Fisch dann in der Küche zubereiten lassen. "Das klappt aus Hygienegründen nicht", erklärt Maria Birlmair. "Speziell im Sommer, wenn es heiß ist, wissen wir ja nicht, ob die Hobbyangler ihre Beute ausreichend auf Eis gekühlt haben."
Was unsere Exkursion nach Tirol zeigt: Ländliche Gastronomie, die ihre Stärken überzeugend ausspielt, eigene Zutaten produziert und mit regionalen Partnern zusammenarbeitet, übt eine ungebrochene Faszination auf die Gäste aus.
Der Artikel ist in der Ausgabe 2/2024 des Gastronomie-Report erschienen.
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