Nur mit Ticket

Wer das Glück hat, z. B. für ein Champions League-Halbfinale ein Ticket zu ergattern, käme sicherlich nicht auf die Idee, die Heimmannschaft zu bitten, das Spiel um einen Tag zu verschieben, weil einem plötzlich ein wichtiger Termin dazwischen gekommen ist. Wer ein Ticket für das Restaurant NEXT in Chicago kauft, sollte ebenfalls darauf achten, am richtigen Tag zur passenden Uhrzeit zu erscheinen. Sonst läuft das Gastro-Spektakel ohne ihn ab.

Was für eine sensationelle und mutige Idee! Mit seinem hochdekorierten Restaurant Alinea hatte Starkoch Grant Achatz so viel Erfolg, dass er vor knapp drei Jahren ein zweites Lokal in Chicago eröffnete: das NEXT! Groß Werbung musste er dafür nicht machen, das NEXT wurde auch so zum Tagesgespräch in der Metropole am Lake Michigan. Aber nicht nur wegen des tollen Essens, sondern auch wegen des innovativen Ticket-Systems!

Einfach hingehen macht wenig Sinn, im NEXT sind immer alle Tische besetzt. Reservieren geht auch nicht. Der einzige Weg ins Gastro-Glück führt über Tickets! Anders gesagt: Ein Besuch im NEXT läuft nicht anders ab als der Besuch eines Konzerts oder einer Sportveranstaltung.

Die Regeln sind klar und knallhart, wie ein Auszug aus den Geschäftsbedingungen zeigt:
Please arrive within 15 minutes of your ticket time or we may be unable to serve you.

Auf Deutsch gesagt heißt das – wer zu spät kommt, bleibt draußen. Wer z. B. ein Ticket für 19.30 Uhr hat, der muss bis spätestens 19.45 Uhr seinen Platz eingenommen haben, sonst verfällt das Ticket.

Eine häufig gestellte Frage der Gäste lautet: Can I get a refund once purchased? Can I exchange my ticket for a different night? – No. Just like a sporting event, concert, or theater ticket all sales are final. Übersetzt heißt das: Für ein Ticket, das nicht genutzt werden kann, gibt es keinen Ersatz. Und wer ein Ticket für den 14. Mai gekauft hat, kann diesen Termin nicht mehr ändern. Immerhin: Die Tickets sind nicht personenbezogen. Man kann sie also weitergeben, verschenken, verkaufen …
Die Vorteile dieses Systems für den Wirt dürften auf der Hand liegen: Nie mehr Ärger mit Gästen, die reservieren, aber dann nicht erscheinen. Mindestens ebenso lukrativ: Die Gäste zahlen per Vorkasse. Sind das nicht paradiesische Zustände?

Aber auch die Gäste profitieren vom Ticketsystem: Es gibt kein ständiges Hin und Her. Zu einer bestimmten Uhrzeit haben alle Gäste Platz genommen, dann beginnt der gemeinsame kulinarische Genuss. Und hinterher muss keiner darauf warten, dass die Bedienung endlich mit der Rechnung kommt. Ist ja alles schon erledigt! Und weil das System dem Wirt Kalkulationssicherheit beschert, liegen die Kosten für die Tickets bei einem „amazing price", so Patron Grant Achatz.

Aktuell wird im NEXT ein "Chicago Steak"-Menü angeboten (bis Ende April, so groß ist immer noch der Andrang der Gäste). Die Preise liegen je nach Wochentag zwischen 145 und 175 Dollar pro Person. Die Tickets beinhalten neben dem Essen alle korrespondierenden Getränke. Auch das Trinkgeld („service charge") ist bereits enthalten. Wie gesagt, profane Dinge wie Geld sollen bei dem großen Restaurant-Vergnügen keine Rolle spielen.

Klingt alles verrückt? Auch hierzulande vermarkten sich zumindest TV-Köche inzwischen wie Rockstars. Der nächste logische Schritt wäre dann ja, den Restaurantbesuch ebenso zu organisieren wie Rockkonzerte. Man muss sich halt trauen! Auch in den USA haben Grant Achatz anfangs viele für verrückt erklärt. Aber er ist seinen Weg kompromisslos gegangen und der Erfolg hat ihm Recht gegeben. What's next?

Dieses Konzept ist im Gastronomie-Report 04/2014 erschienen.

www.nextrestaurant.com | www.facebook.com/pages/Next-Restaurant/114693845229862

 

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